Ein Interview mit Cornelius Rinne zu seinem Gedankenbuch,
das 2009 erschien.
Sätze wie der in der Überschrift festgehaltene lassen Cornelius Rinne, Illustrator, Designer und Künstler aus Bielefeld, zusammenzucken. Über die Betrachtungsweise von Bildern und seine Arbeit als Designer und Buchautor erzählt er im folgenden Interview.
Hallo, Herr Rinne. Sprechen wir über Kunst. Ich selbst hatte erst ein, zweimal etwas mit Kunst zu tun. Vor ein paar Jahren war ich mit Freunden in einer Ausstellung. Leider muss ich sagen, dass ich mit dem meisten nichts anfangen konnte. Rote Punkte auf blauem Hintergrund: Wo ist da die Kunst?
Kunst ist es, dass der Betrachter überhaupt auf das Werk reagiert, ob nun positiv oder negativ. Dazu gibt es eine lustige Geschichte (grinst): Ein Student kam etwas zu spät auf eine Vernissage, die Bilder waren schlichte, blaue Flächen. Sein Kommentar zur Veranstalterin: ,,Oh, Sie haben die Bilder schon wieder abgehängt?!“
Ein gutes Bild muss dem Menschen etwas mit auf den Weg geben. ,,Was passiert mit mir?“, sollte man sich fragen, nicht: ,,Was will uns der Künstler damit sagen?“
Welche Fähigkeiten und Eigenschaften muss ein guter Künstler besitzen?
,,Kunst sind die Prozesse, die ein Mensch in einer selbst erfundenen Sprache dokumentiert!“— Dieser Satz stammt von mir. Ein guter Künstler muss somit seinen eigenen Ausdruck finden, was nach einigen Jahren automatisch passiert. Als bildender Künstler sollte er zeichnen können, um Dinge zu transportieren, wie ein Musiker ja auch sein Instrument beherrschen muss.
Wenn ich Menschen zeichne, dann finden bei mir Geschichten und Gedanken über diese Person im Kopf statt, die mit einfließen. Natürlich ist Begeisterung wichtig, denn nur so bleibe ich dran und werde besser.
Talent?
Vielleicht 5%.
Hauptberuflich arbeiten Sie als Illustrator und Designer und entwerfen vor allem Logos für Kunden aus verschiedenen Branchen. Wie geht man an so eine Aufgabe heran? Holt man sich Inspirationen von außerhalb? Oder wacht man morgens auf und hat das perfekte Logo vor Augen?
Die Frage, die man sich grundsätzlich stellen sollte, lautet:,, Wie kann ich in verkürzter Form das Wesen und die Vorteile des neuen Produkts, einer Firma oder einer Organisation nach außen transportieren?“
All dies muss eine unverwechselbare Identität besitzen. So sollte Design funktionieren, aber das tut es heute leider kaum noch. Es wird viel von anderen kopiert, nichts wirklich Neues entsteht mehr.
Können Sie mir das an einem Beispiel einmal erläutern?
Ja, gerne. Ich habe beispielsweise das Logo für die Kirchengemeinde Wesel entworfen. Die Gemeinde besteht aus vier Kirchen, außerdem liegt sie am Rhein. Vier Kirchen + eine Gemeinde + der Rheinbogen = ein Logo. Es hat die Grundform eines Kreuzes, damit hat man schon mal den Bezug zur Kirche. Ein leicht geschwungener Pinselstrich nach oben, der einen leichten Bogen macht, bildet den senkrechten Strich des Kreuzes und ist das Element ,,Rheinbogen“. Vier kleine Kirchen, die waagerecht in den Bogen laufen, vollenden das Kreuz. Fertig ist das Logo!
Klingt logisch. Ein anderes interessantes Projekt, über das ich mit Ihnen sprechen möchte, ist das vor kurzem erschienene ,,Gedankenbuch“. Was erwartet den Leser – außer natürlich die Gedanken des Künstlers?
Grundgedanke des Buch ist es, erlebte, allgemein gültige Alltagssituationen festzuhalten. Zum Beispiel habe ich Wintersport geschaut, woraufhin ein Ski-Langläufer entstanden ist. Gedanken und Eindrücke darüber kamen anschließend. Generell entsteht erst das Bild, dann der Text! Dadurch soll der Leser sich seine eigenen Gedanken machen. Darum steht auf der linken Seite das Motiv und auf der rechten, leeren Seite sollte dann die Reaktion darauf erfolgen. Leider scheuen sich viele, direkt ins Buch zu schreiben.
Was ich gut verstehen kann. Ich würde höchstens einen Bleistift verwenden, dann kann man’s leichter wieder wegmachen. Obwohl, nach zehn Mal wegradieren…
…ist das Papier gefährlich dünn. Das Buch ist etwas für Kunstinteressierte, aber auch für Kunsteinsteiger gemacht. Es ist wichtig, dass man mitmacht, nur so wird die eigene Persönlichkeit entwickelt, was der Sinn von Kunst ist.
Wie lang hat es gedauert bis das Buch fertig war?
Hm, gar nicht so lange. Die Idee ist ja aus meinem Blog im Internet entstanden. Auf,,Cornelius’ Moleskine“ (http://corneliusmoleskine.wordpress.com) standen schon viele Motive, die ich mit ins Buch übernommen habe. Aber nicht jeder Mensch kann gut mit dem Internet umgehen, daher das Buch. Anfang März habe ich mit dem Projekt begonnen, am 6. April war es mit Lektorat, Umbruch und allem was dazu gehört fertig.
Eine Frage zum Schluss: Was möchten Sie den Menschen da draußen mit auf den Weg geben!
Ernährt Euch mit Kunst! (in Anlehnung an Joseph Beuys, Künstler und Kunsttheoretiker)
Vielen Dank für das interessante Gespräch!
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